#11 Luftdichtheit und Feuchteschäden an Gebäuden: War früher wirklich alles besser?

Die Luftdichtheit ist an allem Schuld: Früher, als es noch keine Luftdichtung gab und die Häuser einfacher gebaut wurden – so glauben viele Menschen – habe es keinen Schimmel gegeben. Diese falsche Aussage zitieren einige, um die luftdichte Ebene an sich zu verteufeln. Holger und Heide Merkel werden öfter mit solchen Sätzen konfrontiert und in solche Diskussionen verwickelt.

In der 11. Podcastfolge von Luftdichtheit geprüft – Klartext zu Luftdichtung und Qualität am Bau gehen sie emotional, aber objektiv der Frage nach: war früher wirklich alles besser? Wie wurden die Gebäude gebaut und benutzt? Wo liegt der Unterschied zu heute? Sie zeigen anhand verschiedener Bauepochen, wie sich das Bauen entwickelt hat und welche Rolle die Luftdichtung dabei spielt.

Heide Merkel arbeitet seit 2011 bei Moll bauökologische Produkte GmbH, pro clima. Pro clima war eine der ersten Firmen, die sich Gedanken gemacht haben, wie ein Gebäude optimal energieeffizient funktioniert, ohne dass dabei Bauschäden entstehen.

Wieso entsteht überhaupt Schimmel?

Holger Merkel, der als Referent bei der Schimmelkonferenz der TÜV Rheinland Akademie war, erklärt im Podcast, wie und warum sich Schimmel überhaupt bilden kann.

Oft taucht er nämlich genau auf, wenn vermeintlich renoviert wurde, daher wird schnell der Luftdichtheit der schwarze Peter zugeschoben. Dabei besteht der größte Fehler im fehlenden Energiekonzept bei einer Sanierung, wenn die Außenwände kalt bleiben und die Eckbereiche- noch kälter. Dann kommt es zu Schimmelerscheinungen. Bei Neubauten, sobald alles getrocknet ist, ist dies wesentlich seltener der Fall.

Wer keinen raumluftunabhängigen Kaminofen im Haus hat, der hat es auch schwerer, die Feuchtigkeit nach außen zu leiten. Gleichzeitig werden in der Einrichtung immer mehr künstliche Materialien verwendet, die keine Feuchtigkeit aufnehmen können.

Beispiel altes Bauernhaus: zweimal im Jahr kalken

Der Alltag von früher unterscheidet sich radikal von dem heutigen. Das spiegelt sich unter anderem in der Hausnutzung von damals und jetzt wider. Es wurden in der Vergangenheit nicht alle Räume beheizt, es wurde nicht so oft und so lange gebadet. Die Familie fokussierte sich meist auf ein gemeinsames Zimmer und auf die Küche.

Theoretisch gab es in den alten Häusern sogar Dämmung, da Stroh oberhalb des Wohnbereiches lag, was als eine gewisse Optimierung betrachtet werden kann, sagt Holger Merkel im Podcast. Die Wände und die Decken waren verputzt, die Fensteranschlüsse- ebenso. Man kann zusammenfassen, dass die alten Häuser teilweise eigentlich gar nicht so undicht waren.

In anderen Bereichen aber, wie Schlafzimmern oder Dachgeschossen, war es sehr undicht, kalter Wind zog in die Zimmer. Vor allem an Türen und Fenstern waren Undichtigkeiten und durch Löcher in der Gebäudehülle kam es oft zu Feuchtigkeit und somit zu Schäden in der Konstruktion.
Zweimal im Jahr wurden zudem die Wände gekalkt, um Schwachstellen zu beseitigen, was ebenfalls Schimmel vorbeugte.

Die Häuser aus den 50er und den 80er Jahren

Typisch für diese Zeit ist die Do-it-Youself-Welle. Die Nachkriegshäuser wurden irgendwann ausgebaut. Was daraus entstanden ist, ist das schlechte Image von Dachgeschosswohnungen, die fast unbewohnbar waren. Im Winter ist es da zu kalt, im Sommer- zu heiß. All das hat wieder mit der Luftdichtung zu tun.

Trotzdem können wir nicht pauschalisieren. Es besteht ein großer Unterschied zwischen den Häusern, wenn z.B. der Dachausbau mit Gipskarton, Gipsfaser oder Heraklithplatten vorgenommen wurde oder eben mit Nut- und Federbrettern.

Tut uns leid: früher war doch nicht alles besser

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Auch früher gab es schon Schimmel in den Häusern. Vorteil von früher war, dass meist eine Person zu Hause war und regelmäßig gelüftet hat. Das übernehmen bei modernen Neubauten inzwischen die Lüftungsanlagen. Schimmel entsteht, wenn ein warmer, feuchter Luftstrom dauerhaft auf eine kalte Oberfläche trifft.

Feuchtigkeit bei Neubauten entsteht, wenn während der Bauphase die Bauteile nicht rechtzeitig austrocknen, weil beispielsweise der Bauablauf nicht richtig geplant wird. Das ist jedoch ein anderes Thema.

Unser Fazit: Früher war nicht alles besser. Jetzt sind die Häuser viel gemütlicher, wir zahlen auch weniger Heizkosten dank guter Luftdichtung. Und wer richtig plant und baut, muss keinen Schimmel befürchten.
Der Schimmel bei Neubauten liegt eigentlich nicht an der Luftdichtung, sondern z.B. an den Kunststofffußleisten, hinter denen er oft entsteht, falls das Gebäude noch nicht trocken ist.

Und wie war euer Kinderzimmer? Wie steht ihr zur Luftdichtheit? Wir freuen uns auf eure Kommentare.


Wir stellen dazu noch einen Fachartikel von Holger in den nächsten Tagen auf https://luftdichtheit-geprüft.de online, der in den Fachzeitschriften der Zimmermann (09/2010) und im Passivhauskompendium (2020) erschienen ist. Die PDF-Version des Passivhauskompendiums könnt ihr hier oder unten in den Shownotes herunterladen.

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Fachartikel in Passivhauskompendium 2020

Dieses Thema hat Holger Merkel auch in zwei Fachartikel erörtert, einmal in der Zimmerman und einmal in das Passivhauskompendium. Die Version des Passivhauskompendiums könnt ihr hier als Original-PDF kostenfrei herunterladen: klick.

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